NeuConnect – das größte deutsch-britische Infrastrukturprojekt

Ein Vorzeigeprojekt der Energiewende

Es ist nicht die Größe, die dieses Projekt zum Gesprächsthema von Energieexperten und Staatsoberhäuptern macht, es ist seine große Bedeutung: die energiewirtschaftliche Relevanz für Deutschland und Großbritannien in Bezug auf die Versorgungssicherheit in Europa. NeuConnect ist ein Mammutprojekt und was sich zufällig reimt, passt gut geplant zusammen und verbindet zwei Länder über drei Landesgrenzen hinweg. Darüber und welche Rolle Fichtner dabei spielt, möchte ich zum Start der Implementierungsphase 2022 hier erzählen.

Es ist eines der weltweit größten Interkonnektoren-Projekte: Zwischen dem britischen Festland nahe London (Isle of Grain), an der Mündung der Themse und der niedersächsischen Region um Wilhelmshaven entsteht eine 725 Kilometer lange, fast unsichtbare „Energieautobahn“. Eine Hochspannungs-Gleichstromübertragungsleitung (HGÜ), als See- und Erdkabel verlegt, quert künftig die Hoheitsgebiete Großbritanniens, der Niederlande und Deutschlands. In etwa sechs Jahren wird NeuConnect bis zu 1,4 GW an Elektrizität in beide Richtungen transportieren können – genug, um rund 1,5 Mio. Haushalte in Großbritannien und Deutschland zuverlässig mit Strom zu versorgen.

Darstellung des NeuConnect Interkonnektors

Darstellung des NeuConnect Interkonnektors

Fichtner im Team mit Branchengrößen

Mit den Kabelherstellungs- und den Kabelverlegearbeiten für NeuConnect wurde die Prysmian Group, Mailand, beauftragt, weltweit führend im Bereich DC Submarine Cables sowie Energie- und Telekommunikationskabelanlagen. Die Planung und den Bau der beiden Konverterstationen in der sogenannten VSC-Technologie – in Großbritannien und Deutschland – übernimmt der internationale Energietechnologie-Konzern Siemens Energy, München. Das Projekt- und kommerzielle Management, die technische Verifizierung der Planungsarbeiten, das Sicherheits-, Gesundheits-, Umwelt- und Qualitätsmanagement (SHEQ) und die Überwachung der Einhaltung der Auflagen aus den Genehmigungsverfahren für die On- und Offshore-Elemente, wurde einem Joint Venture übertragen: dem sogenannten AFJV, bestehend aus Fichtner, Stuttgart, und Arup, London.

Die NeuConnect-Vorteile im Überblick

Diese erste direkte Elektrizitätsverbindung zwischen zwei der größten Energiemärkte Europas, ist ein Schlüssel- und ein Vorzeigeprojekt der Energiewende. Die wichtigsten Vorteile:

  • Höhere Effizienz in der Stromübertragung durch die Verwendung von HGÜ-Technologie.
  • Mehr Stabilität und Flexibilität für den europäischen Netzverbund.
  • Ausgleich unterschiedlicher Nachfragespitzen in Großbritannien und Deutschland.
  • Effiziente Nutzung der Kapazitäten durch die Zeitverschiebung zwischen Großbritannien und Deutschland
  • Ausgleich von Schwankungen durch Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien.
  • Verbesserung der Vielfalt der Energieversorgung – belastbar, verlässlich und flexibel.
  • Verbesserung der Netzstabilität und Anschluss-Bedingungen in beiden Ländern.
  • Mehr Wettbewerb begünstigt niedrigere Verbraucherkosten in den größten Energiemärkten Europas.
  • Export überschüssiger erneuerbarer Energie zwischen den Ländern. Wichtig, um die regelmäßigen Abschaltungen von Windrädern aufgrund erzeugter, aber ungenutzter Leistung zu vermeiden.

„Die Zahlen sind beeindruckend: NeuConnect wird nach eigener Analyse dazu beitragen, die CO₂-Emissionen über 25 Jahre um 13 Millionen Tonnen zu reduzieren. Das entspricht der Anpflanzung von 28 Mio. Bäumen oder der Entfernung von 400.000 Autos aus dem Straßenverkehr.“

Ein Projekt, das von sich reden macht

Bereits im Sommer 2021 bekräftigten die damaligen Regierungschefs beider Länder – der britische Premierminister Boris Johnson und Bundeskanzlerin Angela Merkel – ihre Unterstützung für NeuConnect. Im März 2023, beim Staatsbesuch des englischen Königs Charles III in Deutschland, hob zunächst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Bedeutung des Projekts hervor. Bei seiner nachfolgenden Rede im deutschen Bundestag ließ es sich der britische König nicht nehmen, auf die Führungsrolle zur Sicherung der gemeinsamen Zukunft einzugehen, die Großbritannien und Deutschland – die beiden größten Produzenten von Offshore-Windenergie in Europa – mit NeuConnect nachhaltig stärken.

Fichtners umfangreiche Projektservices

Fichtner, bereits seit 2018 in die Planung des Projekts involviert, unterstützt nun NeuConnect mit dem gesamten Projektmanagement und den Implementierungsdienstleistungen bis zur erfolgreichen kommerziellen Inbetriebnahme der HGÜ-Verbindungsleitung in einer Joint-Venture-Partnerschaft mit Arup. Das umfasst die Projektleitung und Budgetkontrolle, die Entwurfsprüfung, Prüfung der technischen Kompatibilität und Sicherheit, einschließlich der Einhaltung von Netzvorschriften und Anschlussbedingungen, die Beaufsichtigung von Werksprüfungen, die Überwachung der Herstellung, Installation, Inbetriebnahme und des Probebetriebs sowie die Überwachung der Einhaltung von Umweltauflagen und Genehmigungen.

Umweltfragen…

Gemessen an den Dimensionen des NeuConnect-Projekts und dessen Notwendigkeit für die Energiewirtschaft, sind die erwarteten Eingriffe in Natur und Landschaft überschaubar. Zu diesem Ergebnis kommen verschiedene Studien zu Umwelt- und Naturschutz sowie Ökologie, bezogen auf die Konverterflächen, die See- und Erdkabeltrassen sowie der Anlandungsbereiche. Darüber hinaus leistet Fichtner eine umfassende ökologische Baubegleitung in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und Fachfirmen.

Und Bürgerfragen

NeuConnect führt nicht nur mit den Genehmigungs- und Fachbehörden regelmäßig Gespräche über den aktuellen Status und spezifische Aspekte des Projekts, sondern von Anfang an auch mit Bürgerinnen, Bürgern und regionalen Naturschutzverbänden der betroffenen Regionen. Die Selbstverpflichtung war und ist, von der ersten Planungsphase bis zum Bau und Betrieb der neuen Infrastruktur, die wichtigen Zielgruppen zu informieren und einzubeziehen. Alle umwelt- und naturschutzrechtlichen Vorgaben werden beim gesamten Bauvorhaben berücksichtigt, um die Auswirkungen auf Mensch und Natur auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Kurs 2028

Seit dem Start des Projekts 2018 ist viel passiert. Was u.a. mit Untersuchungen von ca. 700 km Meeresboden begann, um die genaue Unterwasserroute des Projekts festzulegen, ist im September 2022 mit den Vorarbeiten an den Konverterstationen ins Rollen gekommen. An dieser Stelle wurde das Projekt allerdings von der Vergangenheit eingeholt, in der sich Deutschland und Großbritannien feindselig gegenüberstanden: in Form einer 500-kg-Fliegerbombe aus dem zweiten Weltkrieg, die auf dem Konvertergelände bei Wilhelmshaven gefunden und fachgerecht entfernt wurde. Aber das Projekt ist auf Kurs mit dem Ziel, bis 2028 den Betrieb aufzunehmen, um über die beteiligten Länder hinaus zu helfen, wichtige energie- und klimapolitische Ziele zu erreichen. Mit großer Unterstützung aus Politik und Wirtschaft, ca. 1,8 Milliarden Euro Investment, mit weltweit führenden Energieunternehmen und, worauf wir sehr stolz sind, auch mit Fichtner.

Juli 2023

Fichtner Mitarbeiter Uwe Armonies

Uwe Armonies

Senior Projektleiter

im Fichtner-Geschäftsbereich Stromübertragung und -verteilung

Kategorien: Energie, Projekte|Schlagwörter: |

Diesen Beitrag teilen

Diesen Beitrag teilen