EU-Taxonomie – Neue Berichtspflichten für Unternehmen

Was ist die EU-Taxonomie?

Ich werde oft gefragt, worum es bei der EU-Taxonomie eigentlich geht. Das Thema kann zu einer gewissen Verwirrung führen und zahlreiche Artikel und Diskussionen haben sich bereits damit befasst. Mit diesem Beitrag möchte ich versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen und die verschiedenen Aspekte der Taxonomie verständlich darzustellen. Mein Ziel ist es, Ihnen einen Überblick über die Zusammenhänge zu geben und zudem die Rolle zu erläutern, die Fichtner in diesem Kontext einnimmt.

Die EU-Taxonomie ist ein komplexes System zur Klassifizierung der Wirtschaftsbereiche, die als nachhaltig vermarktet werden können. Sie umfasst eine Reihe von Wirtschaftstätigkeiten sowie detaillierte Umweltkriterien anhand derer bestimmt werden kann, ob eine Wirtschaftstätigkeit als „grün“ eingestuft werden kann. Bisher gab es keine klare Definition für grüne, nachhaltige oder umweltfreundliche Wirtschaftstätigkeiten.

Das erklärte Ziel der EU, ihre Nettoemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren, macht enorme Investitionen erforderlich. Die EU-Taxonomie zielt darauf ab, wirklich grüne Wirtschaftstätigkeiten sichtbarer und für Investoren attraktiver zu machen, indem sie den Unternehmen, Investoren und politischen Entscheidungsträgern geeignete Definitionen dafür an die Hand gibt, welche Wirtschaftstätigkeiten als ökologisch nachhaltig angesehen werden können. Auf diese Weise soll sie Sicherheit für Investoren schaffen, Privatanleger vor Greenwashing schützen, Unternehmen dabei unterstützen, klimafreundlicher zu werden, die Fragmentierung des Marktes verringern und dazu beitragen, Investitionen dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Nach der Taxonomie werden drei Arten von grünen Investitionen unterschieden:

  • Investitionen in Wirtschaftstätigkeiten, die selbst einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Umweltziele leisten, wie z. B. erneuerbare Energien einschließlich Windkraftanlagen, Solarenergieprojekte usw.
  • Investitionen in Tätigkeiten, die andere grüne Wirtschaftstätigkeiten ermöglichen, wie z. B. Anlagen zur Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien oder Wasserstoff
  • Investitionen in Übergangstätigkeiten, die in der EU-Taxonomie definiert sind als „Tätigkeiten, für die es keine technisch durchführbaren und wirtschaftlichen CO2-armen Alternativen gibt, die aber den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft unterstützen“.

Die EU-Taxonomie gibt dem Begriff der Nachhaltigkeit einen festen Rahmen und definiert genau, wann eine Firma oder ein Unternehmen nachhaltig oder umweltfreundlich tätig ist. Diese Unternehmen heben sich positiv von ihren Mitbewerbern ab und sollen so für Investoren attraktiver werden. Die Gesetzgebung zielt also darauf ab, umweltfreundliche Geschäftspraktiken und Technologien zu belohnen und zu fördern.

Was ist zu tun?

Die Prüfung der Konformität der Tätigkeiten eines Unternehmens mit der EU-Taxonomie umfasst vier Hauptschritte, wie in der nachfolgenden Abbildung dargestellt:

Um als „grün“ eingestuft zu werden, muss eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung eines der nachfolgend aufgeführten sechs Umweltziele leisten, ohne eines der anderen fünf Ziele erheblich zu beeinträchtigen:

  • Klimaschutz

  • Anpassung an den Klimawandel

  • nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen

  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft

  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung

  • Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme

Im ersten Schritt der Prüfung der Taxonomiekonformität werden die Tätigkeiten eines Unternehmens untersucht und es wird festgestellt, welche dieser Tätigkeiten in den Geltungsbereich der Taxonomie fallen. Diese Tätigkeiten sind „taxonomiefähige“ Tätigkeiten“ und kommen für eine weitere Bewertung in Frage. Anschließend werden die tätigkeitsspezifischen Anforderungen für die Prüfung in den Schritten 2 und 3 der Verordnung entnommen. Sie definiert die technischen Bewertungskriterien und die Schwellenwerte. Die Anforderungen für die Bewertung in Schritt 4 werden von der OECD, den Vereinten Nationen, internationalen Arbeitsorganisationen usw. festgelegt. Auf der Grundlage der zusammengestellten Anforderungen kann die Datenerhebung im Unternehmen beginnen und die Bewertung der Taxonomiekonformität durchgeführt werden. Tätigkeiten, die die Anforderungen der Schritte 2, 3 und 4 erfüllen, werden als „taxonomiekonform“ bewertet.

Nicht-Finanzunternehmen müssen den Anteil ihrer Wirtschaftstätigkeiten, die den Kriterien der EU-Taxonomie entsprechen, wie folgt angeben:

  • Anteil des Umsatzes des Unternehmens, der mit Produkten oder Dienstleistungen aus taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten erzielt wird
  • Anteil der Betriebsausgaben (OPEX) des Unternehmens, die für taxonomiekonforme Wirtschaftstätigkeiten aufgewendet werden
  • Anteil der Investitionsausgaben (CAPEX) des Unternehmens für Vermögenswerte/Anlagen, die taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten dienen.

Die folgende Abbildung illustriert beispielhaft das Ergebnis der Prüfung der Taxonomiekonformität:

Werden Maßnahmen ergriffen, um die Taxonomiekonformität eines Unternehmens zu erhöhen, so wirkt sich dies zunächst auf den Anteil der taxonomiekonformen Investitionen (CAPEX) aus und, sobald die Maßnahmen umgesetzt sind, auf den Anteil der taxonomiekonformen Umsätze und Betriebsausgaben (OPEX).

Eine einzelne Anlage (z.B. Windpark, PV-Anlage) kann beispielsweise ein Vermögenswert eines Industrieunternehmens oder Energieversorgers sein. Die Anlage könnte auch ein einzelnes Unternehmen sein, das in einem Fond enthalten ist. Bei Einzelanlagen, die als nicht taxonomiekonform eingestuft werden, können die Gründe dafür untersucht werden, und es kann geprüft werden, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Konformität mit der Taxonomie herzustellen. So kann es beispielsweise sein, dass für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien keine Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalyse vorliegt. Um diese Lücke zu schließen, kann eine solche Analyse nachträglich erstellt werden.

Damit neue Anlagen als taxonomiekonform eingestuft werden können, müssen Anforderungen der Verordnung bereits in der Entwurfs- und Planungsphase berücksichtigt werden. Dies kann die Berücksichtigung technischer Schwellenwerte oder die Erstellung zusätzlicher Studien erfordern.

Ein Auszug aus der Liste der taxonomiefähigen Tätigkeiten ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

Wer ist betroffen und wann sollten die Anforderungen der EU-Taxonomie offengelegt werden?

Die folgenden Arten von Unternehmen sind verpflichtet offenzulegen, inwieweit ihre Tätigkeiten taxonomiekonform sind:

  • Nicht-Finanzunternehmen wie Industrie- und Versorgungsunternehmen sowie
  • Finanzunternehmen wie Vermögensverwalter, Kreditinstitute, Investmentgesellschaften und Versicherer/Rückversicherer.

Die Offenlegungspflicht wird schrittweise umgesetzt. Großunternehmen, die unter die Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD) fallen, sind bereits berichtspflichtig. Ab dem 1. Januar 2025 sind Unternehmen, die zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen, zur Berichterstattung verpflichtet: mehr als 250 Beschäftigte, eine Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro, Nettoumsatzerlöse von mindestens 50 Millionen Euro. Die Berichterstattung muss ab dem Jahr 2026 jeweils für das Vorjahr erfolgen. Kleinere Unternehmen sind ab 2026 betroffen (und müssen ab 2027 berichten, sie haben jedoch die Möglichkeit, sich bis 2028 von der Berichtspflicht zu befreien).

Auch wenn ein Unternehmen erst in Zukunft zur Offenlegung von Angaben zur Taxonomiekonformität seiner Wirtschaftstätigkeit verpflichtet ist, ist es dennoch wichtig, frühzeitig mit der Ausarbeitung der Offenlegungsberichte zu beginnen, da hierfür umfangreiche, komplexe und zeitaufwändige Arbeiten erforderlich sind.

Wie unterstützt Fichtner bei der Umsetzung der EU-Taxonomie?

Die Konformität mit der EU-Taxonomie wird zu einem wesentlichen Kriterium für den Nachweis der Nachhaltigkeit von Infrastruktur und Unternehmen. Fichtner verfügt über langjährige Erfahrung und kompetente Experten im Bereich der Energieversorgung, die unter die EU-Taxonomie fällt. Für unsere Kunden führen wir regelmäßig Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsanalysen durch, seit mehreren Jahrzehnten auch Klimarisikobewertungen für Wasserkraftwerke. Damit verfügt Fichtner über eine gute Ausgangsbasis. Wir sind mit den Technologien und technischen Anforderungen, Schwellenwerten und Messmethoden vertraut, auf die sich die technischen Bewertungskriterien der Taxonomieverordnung beziehen. Gemeinsam mit unseren Branchenexperten aus den Bereichen Umwelt und Gesundheit, Windenergie, Photovoltaik, Wasserkraft, Wasserstoff und Energiewirtschaft haben wir einen Ansatz zur Bewertung der Konformität mit der EU-Taxonomie entwickelt. Wir unterstützen unsere Kunden bereits, sich in diesem komplexen Thema zurechtzufinden, und bieten ihnen folgende Dienstleistungen an:

  • Bewertungen der Taxonomiekonformität

  • Erstellung von Analysen, die zur Dokumentation der Taxonomiekonformität benötigt werden (z. B. Klimarisiko- und Vulnerabilitätsanalysen: Projektion der klimatischen Veränderung und Ermittlung des daraus resultierenden Gefährdungspotentials, Identifizierung potenziell negativer Auswirkungen auf (Infrastruktur-) Anlagen und Vermögenswerte, Erarbeitung von Anpassungsmaßnahmen zur Minderung potenzieller Schäden.)

  • Integration von „Taxonomie-Readiness“-Prinzipien in den Planungs- und Entwicklungszyklus von Infrastrukturprojekten

  • Dokumentation der „Taxonomie-Readiness“ während des Planungs- und Entwicklungszyklus von Infrastrukturprojekten

Neben unserem breitgefächerten Portfolio sind wir bei Fichtner dank unserer Expertise in Schlüsselbereichen wie Energieversorgung und Klimarisikobewertung bestens gerüstet, um unsere Kunden bei der Erfüllung der Taxonomie-Anforderungen zu unterstützen. Wir bieten ihnen maßgeschneiderte Dienstleistungen, die sie bei der Anpassung an diese neue Regelung unterstützen und ihnen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Auch wenn die Ausführungen etwas länger geworden sind als ursprünglich geplant, hoffe ich, dass dieser Überblick für Sie nützlich ist. Um das Gesamtbild zu vervollständigen, werde ich mich in meinem nächsten Beitrag detaillierteren Aspekten der Taxonomie widmen.

Februar 2024

Fichtner-Mitarbeiter Gareth Scott

Gareth Scott

Senior Consultant
im Projektbereich Umwelt International

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