Als großes Ingenieur-Planungsbüro haben wir es oft mit spannenden Kunden und Projekten zu tun, doch eine so tierische Aufgabe ist normalerweise nicht an der Tagesordnung. Erstmalig sollen in die Wilhelma Stuttgart Koalas einziehen und sowohl große als auch kleine Besucher begeistern. Der Koala ist neben dem Känguru das bekannteste Tier Australiens und nur sehr selten in den Zoos hierzulande anzutreffen, da vor allem seine Ernährung mit bestimmten Eukalyptusarten eine große Herausforderung darstellt.

Von sanierungsbedürftig zu lebenswert

Die Terra Australis entsteht in dem alten denkmalgeschützten Menschenaffenhaus, das dafür komplett entkernt wurde und nun Schritt für Schritt saniert wird. Das Gebäude wurde im Jahr 1973 errichtet und ist aufgrund der intensiven und langen Nutzung in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Im Rahmen der Sanierung sollen hier neue Innen- und Außengehege entstehen. Auch die Besucher- und Pfleger-Bereiche – inklusive aller Einrichtungen der technischen Gebäudeausrüstung – werden umgestaltet.

Das geplante Gebäude erstreckt sich über drei gleiche Gebäudeteile, welche stufenartig angeordnet sind. In den ersten Gebäudeteil sollen nach Fertigstellung Tageslichttiere wie Koalas oder Baumkängurus einziehen. Die beiden anderen Gebäudeteile sind als Nachtbereich und für Quokkas, Bilbys, Quolls und andere Kleintiere vorgesehen. Im rückwärtigen Bereich der Gehege befinden sich Umsperrgehege, Pflegebereiche und Aufenthaltsräume für die Tierpfleger.

Fichtner Bauconsulting plant die neue technische Gebäudeausrüstung

Fichtner Bauconsulting wurde damit beauftragt, die technische Gebäudeausrüstung (Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie die Heizung-, Klima-, Lüftungs-, Sanitärtechnik und Elektrotechnik) zu planen und den Bau zu überwachen. Es werden dabei sämtliche haustechnische Gewerke auf die Nutzung von Tier und Besucher zugeschnitten.

Die Besonderheiten des Projektes stellen die regenerative Regenwassernutzung zur Kühlung der Zuluft und die verschiedenen Anforderungen von Tag- und Nachttierbereich während der Besuchszeiten dar. Besonders herausfordernd ist dabei das Zusammenspiel zwischen der Planung der Gestalter und der Technik. So haben alle Gehege eine im Kunstfels versteckte Wandheizung und jedes der drei Gebäudeteile verfügt über eine eigene Lüftungsanlage.

Die Bedürfnisse der kleinen anspruchsvollen Bewohner

Was sich so einfach liest, stellte unsere Planer vor ganz besondere Herausforderungen, denn, wer kennt sich schon mit den Anforderungen von solchen Exoten aus? Bei wie viel Grad fühlen sich Koalas eigentlich wohl, was haben die Tiere für Anforderungen an Licht und Ausstattung? Denn anders als bei normalen Wohngebäuden gibt es hier keine Standards, auf die die Planer zurückgreifen können. Vor allem die nachtaktiven Arten benötigen besondere Lichtverhältnisse, damit sie sich wohlfühlen und Besucher die Tiere auch am Tage beobachten können. Aber auch die exotischen Pflanzen haben besondere Ansprüche und würden ohne eine spezielle Beleuchtung schnell eingehen. Zudem ist der Sonnenschutz für die Tiere Australiens ein großes Thema. So wurde im Gebäudeteil 1 ein Glasdach mit Sonnenschutz geplant. In den Gebäudeteilen 2 und 3 wurde für die Tiere eine Beleuchtungssimulation für den Sonnenaufgang und Sonnenuntergang mit Mondlicht installiert. Auch die Tontechnik für geplante Live-Fütterungen musste im Vorfeld dimensioniert und eingeplant werden.

Die Form folgt nicht der Funktion

Neben den hohen technischen Anforderungen wird auch viel Wert auf die zeitgemäße und ansprechende Gestaltung sowie eine ganzheitliche Sanierung gelegt. Das heißt, unsere Planer müssen sich eng an die Gestaltungsvorgaben – wie den angesetzten Kunstfels – in allen Bauteilen halten. Anders als bei einem Neubau muss man mit den Gegebenheiten und Möglichkeiten des Bestandsgebäudes auskommen, was durch viele Deckenabhängungen und modellierte Landschaften oft zu einer großen Herausforderung wird.

Für die Fichtner Bauconsulting ist die Terra Australis sicherlich ein Projekt mit Seltenheitswert. Ein Refugium für seltene Tiere mit besonderen Bedürfnissen an ihre Umwelt zu planen, hat ihren speziellen Reiz. Die technische Gebäudeausrüstung und die Gestaltung der Terra Australis in Einklang zu bringen war eine Herausforderung, die erfolgreich gemeistert wurde. Am Ende steht ein Ort, der für die tierischen Bewohner, die Mitarbeiter der Wilhelma und die Besucher, gleichermaßen attraktiv ist.