COVID-19 auf den Philippinen
Die Rückreise
Nach mehr als fünf Monaten seit den ersten Corona-Fällen und lange währenden Lockdowns, Ausgangssperren und Reisebeschränkungen, ist der Virus auf den Philippinen noch immer nicht unter Kontrolle. Im Gegenteil: Die Zahl der Neu-Infizierten steigt seit einigen Wochen wieder an und liegt nun bei 3.000 – 5.000 pro Tag. Im Großraum Manila und der Stadt Cebu City wurde erneut ein verschärftes “Stay at Home“ angeordnet. Masken sind in öffentlich zugänglichen Gebäuden und in den meisten Regionen, auch im Freien, überall Pflicht und der Inlandsflugverkehr wurde erneut weitestgehend eingestellt.
Ende Juli habe ich eine vorübergehende Lockerung genutzt, um nach 4,5 Monaten Apo Island zu verlassen und nach Deutschland zurückzukehren. Seitdem bin ich zu Hause in Tübingen und seit dem 1. September 2020 in Rente.
Die Heimreise war aufregend, da lokale Flüge häufig in letzter Sekunde abgesagt wurden und der Aufwand für gewisse Ausreiseformalitäten nicht wirklich klar war. Ich habe daher meinen Flug von Manila nach Frankfurt erst nachdem ich die erforderlichen Stempel beim Zoll am Flughafen bekommen hatte telefonisch auf denselben Abend umgebucht. So musste ich den Flughafen gar nicht verlassen. Unsere lokalen Steuerberater haben mich dabei super unterstützt und mir ein Fahrzeug mit Fahrer geschickt, der meine, in Manila aufbewahrten Koffer, geliefert und mich von einem Terminal zum anderen gebracht hat. Als ich dann endlich im Flugzeug von Qatar Airlines auf dem Flug zum Zwischenstopp in Doha saß, war ich sehr erleichtert.
Die Zeit auf Apo Island erscheint im Rückblick sehr schnell verflogen. Es gab keinen einzigen (erkannten) Corona-Fall auf der Insel und auch nur einzelne – zumeist importierte Fälle – in der Provinz Negros Oriental.
Zum Glück musste ich in den letzten Wochen auf Apo nicht mehr arbeiten. Ich konnte aber auch nicht, wie geplant, während meines verbliebenen Urlaubs im Lande und der Region herumreisen. Bis Mitte Juni bin ich fast täglich einmal Tauchen gewesen und habe in 4,5 Monaten mehr als 100 Tauchgänge gesammelt. Zweimal ist eine Schule Delphine weiter draußen vorbeigezogen. Die konnte man aber nur mit dem Fernglas sehen.
Damit waren die Tage denn auch ausgefüllt und am Abend habe ich – meist als einziger Gast – mit der Restbesatzung des Restaurants zusammen gegessen und wir haben manchmal Uno gespielt oder Filme angeschaut. Sogar Streaming klappte streckenweise ganz gut über meinen Handy-Hotspot.
Mein Balkon
Die ursprünglich etwa sechs weiteren Expats haben nach und nach die Insel verlassen und zum Schluss waren wir nur noch drei. Die Inselbewohner gingen jeden Tag fischen. Fast alle Männer waren auf ihren kleinen Booten schon früh morgens oder auch in der Nacht unterwegs. Als Taucher hat es mich natürlich betrübt, wenn ich mitbekam, dass auch Oktopusse, Muränen und Barrakudas gefangen wurden.
In den letzten zwei Wochen wurde das Wetter stürmisch und ich habe das Tauchen eingestellt. Für die lokale Bevölkerung kommt jetzt eine schwere Zeit, da bei dem stürmischen Wetter der nächsten Monate das Fischen nicht mehr möglich sein wird und nach wie vor keine Touristen auf die Insel kommen.
Es gibt eine regelmäßige Lieferung von Reis über die lokalen Behörden. Einmal hat der Bürgermeister der zuständigen Provinzhauptstadt für jede Familie ein mindestens 1 kg schweres Huhn geschickt. Die Bewohner haben sich dafür bei dem Bürgermeister mit einem TikTok-Video bedankt. In jedem Fall hatten alle Spaß daran.
Das im letzten Blog erwähnte Hybrid-Projekt habe ich in kleinen Schritten weiterverfolgt. Dazu habe ich ein Angebot einer Firma eingeholt, die sogenannte Water-Kiosks anbietet. Das sind kleine kompakte Entsalzungsanlagen, in denen die gängigen 20l Kanister gefüllt werden, die dann von den Kunden selbst abgeholt oder gegen einen kleinen Aufpreis geliefert werden. Die Zahlen bestätigen sofort, was auch intuitiv klar ist: Die Kombination Solar PV und Entsalzung bringt einen erheblichen Kostenvorteil, da alle überschüssige PV-Energie vollständig zur Entsalzung genutzt werden kann. Die Entsalzung wirkt wie eine zusätzliche Batterie. Dem lokalen Ortsvorsteher und seinem Team habe ich das Projekt vorgestellt und eine sehr positive Reaktion erhalten. Das von Deutschland aus weiter zu verfolgen, wird aber leider eher schwierig sein.
Im Juni musste ich zum ersten Mal zur Verlängerung meines Visums auf das Festland. Dazu habe ich einen Quarantäne-Pass des Ortsvorstehers bekommen. Bei dieser Gelegenheit sind wir auch in einen großen Supermarkt gegangen. Das war – nach mehr als 3 Monaten auf der Insel – ein geradezu überwältigendes Gefühl. Rotwein. So ein Luxus. Auf einmal alles verfügbar. Und es wird einem klar, wie wenig man letztlich braucht. Auf der Insel benötigt man fast nichts. Nach 4 bis 6 Wochen gehen dann langsam die Zahnpasta und das Shampoo aus. Viel mehr – solange für einfache Verpflegung gesorgt ist, und das Internet zum Lesen der NYT reicht – braucht man nicht.
Zurück in Deutschland weiß ich einiges zu schätzen: Es kommt immer frisches Wasser aus der Leitung, das man sogar sorglos trinken kann. Es gibt durchgehend Strom aus der Steckdose und ein starkes WLAN. Und es gibt – dank einer sehr klugen und entspannten Vorgehensweise und erstklassiger Ressourcen in den Krankenhäusern – kaum mehr COVID-Todesfälle.
Die Erfahrung und das Erlebnis möchte ich nicht missen. 4,5 Monate auf Apo Island in den Philippinen. Ein ungewöhnlicher Abschluss meiner 19-jährigen Tätigkeit für die Firma Fichtner. Das bietet nicht jeder Arbeitgeber!
September 2020
Karl Peter Schleich
Ehem. Director Business Development East Asia für Fichtner